Brauchen wir wirklich einen CRO?

Sven Faveris

Diplom Kaufmann und Interim Executive (EBS)

… dies ist eine Frage die sich viele Gesellschafter stellen, wenn die Bank den Einsatz eines sog. CRO (Chief Restructuring Officer) als Bedingung für eine weitere Finanzierung stellt.

Wenn es erst einmal so weit gekommen ist, dann besteht für das Unternehmen in den meisten Fällen nicht mehr nur ein Restrukturierungsbedarf (Ertragskrise), sondern wir befinden uns im Sanierungsfall (Liquiditätskrise).

Warum besteht die Bank auf den Einsatz eines CRO? Ob man es als Gesellschafter hören möchte oder nicht, es hat in jedem Fall etwas mit einem Vertrauensverlust zu tun. Der oder die Finanzierer trauen es der aktuellen Geschäftsführung / den Gesellschaftern nicht mehr zu, das Unternehmen alleine und ohne Unterstützung aus der Krise zu führen. Als Geschäftsführer / Gesellschafter hat man dies meistens schon bemerkt, als die Zuständigkeiten innerhalb der Bank sich geändert haben und die sog. „Marktfolge“ übernommen hat. Der Ton hat sich geändert und man wird nicht mehr so „hofiert“ wie früher.

Welche Aufgabe(n) hat der CRO? Kurz und knapp: Der CRO hat die Aufgabe, z.B. als Sanierungsgeschäftsführer das Unternehmen -ohne Insolvenz- aus der Krise zu führen, damit die Gläubiger, insbesondere die Bank(en), ihr Geld zurückbekommen. Oftmals geht es bei den Finanzierern auch noch um mehr als „nur“ Geld, nämlich um Image bzw. „den guten Ruf“, also Politik. Die Anspannung ist dann bei allen Beteiligten sehr hoch.

Diese Situation bereitet den Gesellschaftern verschiedene Sorgen.

Der Einsatz eines solchen CRO erfolgt meistens nicht wirklich freiwillig, sondern geschieht auf Druck der Finanzierer. Möglicherweise kommt auch noch der Vorschlag eines möglichen CRO von der Bank. Man wird sich auf der Finanziererseite allerdings immer sehr zurückhaltend verhalten, um jegliche Haftung aus einem Eingriff in das operative Geschäft der Gesellschaft zu vermeiden. Vielleicht bittet man um einen „starken CRO“, d.h. einen CRO, der Maßnahmen ungehindert umsetzten kann, z.B. weil er als einziger Einzelvertretungsberechtigt ist. Hier stellt sich wiederum für die Gesellschafter die Frage, für wen der „Neue“ dann eigentlich arbeitet: für die Gesellschafter denen das Unternehmen gehört oder für die Bank(en)?

Der Einsatz eines CRO hat oftmals zur Folge, dass die vorhandenen Befugnisse erheblich eingeschränkt werden. Dies kann z.B. geschehen indem aus einem bislang einzelvertretungsberechtigen Geschäftsführer nur noch ein gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer wird. Das steht dann auch so im Handelsregister, in der Creditreform (Crefo) Auskunft, usw. Dies kann z.B. für einen geschäftsführenden Gesellschafter der sich zum ersten Mal in einer Krisensituation befindet sehr schwer zu verkraften sein, da dadurch oftmals der eigene Stolz verletzt wird.

Der CRO selbst hat andere Probleme.

Zum einen ist die Unternehmenskrise zu dem Zeitpunkt des Einsatzes oftmals schon fortgeschritten. Die Begriffe Überschuldung, drohende Zahlungsunfähigkeit oder gar akute Zahlungsunfähigkeit sind schon gefallen. Dann wird es schwierig für den CRO, eine D&O Versicherung zu finden, die noch bereit ist einzusteigen. Dies passiert derzeit immer häufiger, da die Banken insgesamt „risikofreudiger“ geworden sind.
Zum anderen muss er sich im Dienstvertrag so absichern, dass seine Haftung überschaubar und vor allem „steuerbar“ bleibt. Dies endet dann oftmals in einem Vertrag der mit einem „normalen“ Geschäftsführervertrag nichts mehr zu tun hat. Dies wiederum stößt eventuell auf Unverständnis bei den Gesellschaftern die den Vertrag unterzeichnen sollen. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine Insolvenz mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit noch zu vermeiden ist (meistens bestätigt in einem IDW S6 Gutachten), besteht dennoch das Risiko einer Insolvenz. Somit ist die Haftungssituation des CRO eine ganz andere als beim „normalen“ Geschäftsführer.

Wäre es als Unternehmen nicht viel besser frühzeitig, d.h. bereits in der Ertragskrise einen Restrukturierungsgeschäftsführer einzusetzen? Dieser könnte dann mit weitaus weniger Wirbel wichtige Maßnahmen umsetzen, um das zuvor beschriebene Szenario gar nicht erst aufkommen zu lassen. Natürlich ist es für die Gesellschafter nicht einfach, den Zeitpunkt festzulegen, ab wann dieser „Ertragskrisen-CRO“ eingesetzt werden sollte. Zumal möglicherweise andere Dienstleister wie z.B. Unternehmensberater oder Steuerberater kein Interesse daran haben, sich „einen Teil vom Kuchen“ wegnehmen zu lassen. Möglicherweise kann hier der kurzzeitige Einsatz eines „neutralen“ Beraters Abhilfe schaffen.

Letzen Endes wäre es für alle Beteiligten auf jeden Fall von Vorteil, wenn ein CRO das Unternehmen frühzeitig in die richtige Bahn lenkt und nicht erst dann zum Einsatz kommt, wenn „das Kind schon halb in den Brunnen gefallen ist“. In einem frühen Stadium der Krise könnte sogar der Einsatz eines „Restructuring Project Manager“ als ein auf Unternehmensrestrukturierungen spezialisierter Projektleiter ausreichen. D.h. die Berufung eines Restrukturierungs-/Sanierungsgeschäftsführers würde zunächst ausbleiben. Ob diese Maßnahme ausreicht, hängt dann von der weiteren Entwicklung des Unternehmens ab.

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