Dies ist genau die Fragestellung, mit der ich derzeit häufig konfrontiert werde. Die von mir präferierte außergerichtliche Restrukturierung bzw. Sanierung ist leider nicht immer möglich. Hier kann die Liquidation bzw. die Auflösung der Gesellschaft eine Möglichkeit zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens darstellen.
Auffällig ist, dass nach meiner Erfahrung die meisten Unternehmen derzeit kein akutes Liquiditätsproblem haben. Großzügige Überbrückungshilfen und KfW-Darlehen tragen dazu bei. Diese Finanzmittel werden allerdings häufig sehr schnell wieder verbraucht. Meines Erachtens führt dies dazu, dass aktuell die Überschuldung und weniger die Zahlungsunfähigkeit eine Insolvenzantragspflicht auslöst.
In einer Krisensituation gilt grundsätzlich, dass je länger damit gewartet wird, einen bestimmten Weg einzuschlagen, umso weniger Optionen bleiben am Ende übrig. Die Zeit ist daher immer der kritische Erfolgsfaktor.
Wenn nun im Rahmen einer Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen keine Antragspflicht festgestellt wurde, wird üblicherweise erst einmal geprüft, ob eine Restrukturierung/-Sanierung Aussicht auf Erfolg hat (Sanierungskonzept/-gutachten).
Dies wird in der „nach“ Corona Zeit mehr denn je von der nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens abhängen. Man wird häufig feststellen müssen, dass diese nicht mehr gegeben ist, manchmal auch unabhängig von der Corona-Krise. Die Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, wird nicht immer gelingen. Auch Geschäftsmodelle unterliegen einem Lebenszyklus und laufen, wenn keine Anpassungen und/oder Innovationen erfolgen, irgendwann einfach aus. Die nächste wichtige Frage ist, ob die gesetzlichen Vertreter überhaupt noch gewillt sind das Unternehmen fortzuführen (Fortführungswille). Der eine oder andere Geschäftsführer ist inzwischen „Corona-Müde“ und ohne ausreichend Energie, um weiterzumachen. In diesen Fällen können im Rahmen einer außergerichtlichen Liquidation die Gesellschaft „sauber“ aufgelöst und die Nachteile eines Insolvenzverfahrens vermieden werden
Die Kosten einer außergerichtlichen Liquidation sind allerdings nicht zu unterschätzen. Mitarbeitern muss (betriebsbedingt) gekündigt werden, verschiedene Verträge können nicht sofort beendet werden und müssen bis zum Ende der Laufzeit bedient werden (Kunden, Lieferanten, Mieten, Leasing, usw.). In Anspruch genommene Finanzierungen müssen unter Umständen mit Vorfälligkeitsentschädigungen zurückgezahlt werden. Der „zahnlose Tiger“ StaRUG hilft hier leider auch nicht weiter. Die Liquidation muss am Ende genauso professionell geplant werden wie eine Unternehmensfortführung (Integrierte Finanzplanung, rollierende 13-Wochen Liquiditätsplanung, Monitoring der Einzelmaßnahmen, usw.). Nur so lässt sich auch feststellen, ob eine Liquidation aus eigenen Mitteln finanzierbar ist. Falls die eigenen Mittel nicht ausreichen, können noch die Gesellschafter gebeten werden, die Finanzierungslücke zu überbrücken. Sollte dies allerdings seitens der Anteilseigner nicht erwünscht sein (und das ist nicht selten) bleibt noch der Unternehmensverkauf. Sollte dieser auch nicht möglich sein, bleibt oftmals nur noch das Insolvenzverfahren übrig.
Eine Insolvenz in Eigenverwaltung bildet dann sicherlich die bessere Alternative. Die Antragsstellung ist seit Jahresbeginn 2021 etwas schwieriger bzw. umfangreicher geworden. Wenn der Jurist und der Betriebswirt Hand in Hand arbeiten, ist auch diese zu bewältigen (siehe hierzu auch §270a InsO). Auch eine Liquidation wäre möglicherweise in der Eigenverwaltung abbildbar, hier ist mir allerdings kein Praxisfall bekannt. Außerdem wird man sich die Frage der Sinnhaftigkeit stellen müssen. Denn unabhängig davon, ob durch ein Insolvenzverfahren das Unternehmen oder Unternehmensteile „gerettet“ werden können, ist das Insolvenzverfahren für die Geschäftsführung immer eine der schlechteren Optionen. Dies nicht zuletzt deshalb, da das Erscheinen des Namens des Geschäftsführers im Insolvenzantrag voraussichtlich auch zu einer Absenkung der Bonität in seinem privaten Umfeld führen wird. Hierüber wird allerdings selten gesprochen.
Mit diesem Beitrag möchte ich Denkanstöße geben, die bei der individuellen Problemlösung weiterhelfen. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den komplexen Themenbereichen hätte den Rahmen dieses Blog-Beitrags gesprengt.
Zur Vertiefung des Themas der außergerichtlichen und gerichtlichen Sanierung kann ich Ihnen noch meinen Blog-Beitrag empfehlen. Da es sich um einen Beitrag aus August 2020 handelt, kann es allerdings sein, dass bestimmte Änderungen der Insolvenzordnung aus 2021 nicht berücksichtigt sind.