Was ist nur mit dem Einzelhandel los?

Sven Faveris

Diplom Kaufmann und Interim Executive (EBS)

Seit Jahresbeginn habe ich vermehrt Unternehmen aus der Retail Branche kennengelernt. Von der alt eingesessenen Einzelhandelsgruppe, die gerade ihre ersten Schritte im Online-Handel hinter sich hat, bis hin zum kleinen jungen, online-fokussierten Retail Startup, das sich gerade überlegt den ersten Store zu eröffnen.

Unternehmen wie Amazon oder Zalando (möglichweise auch bald Shopify als Dienstleister) erschweren zunehmend die Marktbedingungen für „klassische“ Anbieter. Gerry Weber, Wöhrl oder Escada haben bereits die Konsequenzen der schnellen Marktveränderungen intensiv zu spüren bekommen.

Auch die finanzierenden Banken nehmen neue Engagements im Retail Bereich nur noch mit größter Vorsicht auf. Bei alten Engagements werden zum Teil bereits zusätzliche Sicherheiten bzw. Covenants eingefordert. In solchen Fällen kann als alternativer Finanzierer z.B. eine Private-Equity-Gesellschaft oder ein Debt Fund helfen.

Trotz unterschiedlicher Gewichtung der Probleme geht es bei den Bemühungen der Unternehmen im Kern immer um Komplexitätsreduktion, Working-Capital Management (d.h. Lagerabbau, bessere Einkaufskonditionen, usw.), Senkung der Retouren-/Stornoquote, Erhöhung des durchschnittlichen Auftragswertes, Erhöhung der Konversionsrate, Reduzierung Rückstand, Erhöhung der Lieferfähigkeit, etc.. All diese Verbesserungen/Restrukturierungen müssen auch stattfinden und bilden das Paket an Mindestmaßnahmen. Was allerdings sehr oft nur “stiefmütterlich“ oder gar nicht erfolgt, ist das kritische Hinterfragen des eigenen Geschäftsmodells.

Mich persönlich schmerzt die Überzeugung des einen oder anderen Einzelhändlers, dass der Kunde ihn beim Kampf gegen die großen Retailer unterstützen muss. Dies wird der Kunde nicht tun. Würde ich meine Mandanten akquirieren wollen, indem ich sie bitte, mir den Auftrag zu geben, damit es mich noch weiterhin gibt und nicht immer KPMG oder Roland Berger den Auftrag bekommen, wäre ich zu Recht nicht mehr am Markt. Der Kunde bestimmt ganz alleine, welche Produkte gut sind. Produkte, die nicht gekauft werden, sind schlechte Produkte. Viele Unternehmen wollen das leider nicht akzeptieren und sterben.

Meines Erachtens muss die Repositionierung des einzelnen Unternehmens mehr im Vordergrund stehen. Es macht wenig Sinn, den gleichen Markt wie Amazon zu bearbeiten und den Versuch zu starten, eine genauso optimierte Supply-Chain aufzubauen. Das durchschnittliche Einzelhandelsunternehmen muss sich von seinem „Bauchladen“ trennen und eine Nische finden, in der es sich entwickeln kann. Das Potenzial dieses kleineren Marktes wird dann unter geringerem Konkurrenzdruck systematisch und strategisch ausgeschöpft (möglichweise bis zum erfolgreichen Verkauf an eine Einzelhandelsgruppe).

Jedes Unternehmen der Branche kann sicherlich nicht mehr gerettet werden. Ein verhältnismäßig geringer Teil wird nachhaltig saniert/restrukturiert werden können, einem anderen Teil kann geholfen werden, länger zu überleben, so dass die Exit-Strategie gut vorbereitet werden kann und ein letzter Teil wird nur noch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen können. Natürlich gibt es in der Insolvenz, Möglichkeiten ein Unternehmen zu erhalten. Mit einem veralteten Geschäftsmodell wird dies allerdings schwierig bis unmöglich.

Die Zeiten in denen Unternehmen mit 180 stationären Läden in ganz Deutschland und einem rudimentären Online-Handel überleben konnten, sind sicherlich endgültig vorbei. Für innovative und flexible Einzelhändler ergeben sich zukünftig aber nach wie vor gute Chancen.

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