Veränderungsnotwendigkeit trotz Profitabilität?

Sven Faveris

Diplom Kaufmann und Interim Executive (EBS)

Der Markt boomt, die Kapitalkosten sind fast gleich null, die Insolvenzverwalter müssen sich neue Beratungsleistungen überlegen, um noch Geld verdienen zu können. Eigentlich ein Traum für jeden Unternehmer. Die Entwicklung des Umsatzes je Kunde bzw. der Marktanteile sollte man dabei aber immer im Auge behalten.Die Gefahr in solchen „Ruhe-Phasen“ ist, dass das Geschäftsmodell ohne weitere Überprüfung als bestätigt angesehen und eine Handlungserfordernis übersehen wird. Wenn man sich allerdings anschaut wie dynamisch und rasant sich Unternehmen wie Metro, Würth oder Edeka derzeit entwickeln und verändern, kann es nur eine Frage der Zeit sein, bis dies erhebliche Auswirkungen auf den Mittelstand hat.

Natürlich ist das Vorgehen großer Konzerne bei der digitalen Transformation, so sinnvoll und intelligent es auch sein mag, nicht einfach 1:1 auf mittelständische Unternehmen übertragbar. Man sollte allerdings nicht leichtfertig alles aus der Welt der Großunternehmen mit einem lockeren „Wir sind kein Konzern!“ beiseiteschieben.

Stellen wir uns einmal vor, ein ganzes Unternehmen ist rund um den geschäftsführenden Gesellschafter organisiert. Dieser beschwert sich täglich darüber, dass ohne ihn nichts läuft und die meisten seiner Mitarbeiter unfähig sind. Allerdings hat dieser geschäftsführende Gesellschafter Jahrzehnte lang seine Mitarbeiter zur Unselbständigkeit erzogen, indem er jegliche Verantwortung an sich gerissen hat. Ganz nach dem Motto „Traue nur Dir selbst!“. Neben ihm „regiert“ außerdem noch der Star-Verkäufer, der angeblich ganz alleine die Hälfte des Umsatzes erbringt, dabei aber möglicherweise die Entfaltung anderer Kollegen aus dem Vertrieb verhindert.

Glauben Sie mir, diese Ausgangslage ist durchaus öfter im deutschen Mittelstand bzw. bei Familienunternehmen anzutreffen, als Sie vielleicht meinen. In dieser Situation zu versuchen, schnell den Anschluss an den Entwicklungsstand großer Konzerne zu bekommen, wäre natürlich völlig illusorisch. Aber das muss ja auch gar nicht sein.

Es reicht erst einmal aus, in kleinen, gut durchdachten Schritten zu handeln. Und zwar am besten jetzt und nicht erst dann, wenn die Zinsen steigen, die Exporte einbrechen und die Konkurrenz erhebliche Marktanteile erobert hat.

Entgegen dem was vielleicht viele glauben, ist die technologische Entwicklung im Rahmen der digitalen Transformation nicht das wichtigste Element. Die „menschliche Entwicklung“ wird hier die treibende Kraft sein.

Einen genauen Fahrplan für den Transformationsprozess zu definieren, ist nicht einfach. Alle sprechen von der „digitalen Transformation“, aber was ist mit der notwendigen „kulturellen Transformation“? Die nachfolgenden Eckpfeiler können als Orientierungshilfe dienen.

Alles beginnt mit der Notwendigkeit eines (erheblichen) Kulturwechsels. Hierunter fallen das agile Management, die Förderung der Kooperation außerhalb und innerhalb des Unternehmens, das Einreißen von Abteilungsmauern, die Verabschiedung von Hierarchien, usw. Diese Phase ist lang und der Erfolg hängt ganz entscheidend von den Führungskräften ab.

Parallel dazu sollte das Geschäftsmodell hinterfragt werden. Dabei hat die Ausrichtung auf den Kunden (nicht auf das Produkt) oberste Priorität. Beispielsweise habe ich einmal ein Handelsunternehmen kennengelernt, welches nur drei Lieferanten und drei Kunden hatte, ohne selbst einen wesentlichen Mehrwert für den Kunden zu schaffen. Wie lange wird es wohl dauern, bis die Lieferanten bemerken, dass das Unternehmen eigentlich überflüssig ist und sehr einfach durch eine Online-Plattform zum Wohle aller (außer natürlich dem besagten Unternehmen) zu ersetzen ist. Bei der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit muss das Geschäftsmodell ständig aufs Neue hinterfragt werden.

Die Innovationsfähigkeit sollte aktiv gefördert werden, die Kreativität der Mitarbeiter muss sich entfalten können. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Damit sind nicht nur angenehme Aufenthaltsräume, die das entspannte Zusammentreffen von Mitarbeitern ermöglichen, gemeint. Auch die Entwicklung einer „Mut zum Fehler“-Kultur in der Fehlschläge gestattet oder sogar erwünscht sind, sollte erfolgen.

Um den neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, muss bereits in guten Zeiten mit der Weiterentwicklung des Unternehmens begonnen werden. Hierbei ist es von ganz besonderer Bedeutung, dass alle Veränderungen auf oberster Ebene (Gesellschafter, Vorstand Geschäftsführer) zu 100% erwünscht sind. Falls dies nicht der Fall ist, kann ich nur raten, so lange so weiterzumachen wie es geht und dann möglichst rechtzeitig zu versuchen z.B. über einen Unternehmensverkauf, noch den Absprung zu schaffen.

Welche Erfahrungen machen Sie, welche Gedanken haben Sie zu diesem Thema?

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